Geschützte Radwege für die Grunewaldstraße: Richtung stimmt, immerhin!
Radwegepläne gestoppt, Geldhahn für Radverkehrssicherheit abgedreht, Berliner Verkehrswende ausgebremst: inakzeptable Lage! Dennoch kann der ADFC Schöneberg den Umbau der Grunewaldstraße als wichtigen Schritt für den Radverkehr im Bezirk begrüßen.
Am 14. Oktober 2024 haben die Bauarbeiten für die Umgestaltung der Grunewaldstraße zwischen Kufsteiner und Bamberger Straße und U-Bahnhof Kleistpark begonnen. Der erste Bauabschnitt liegt zwischen Kufsteiner und Bamberger Straße und der Martin-Luther-Straße.
Seit Mitte November sind auch zwischen Martin-Luther-Straße und Bayerischem Platz Baufortschritte zu sehen.
“Auf beiden Straßenseiten der Grunewaldstraße werden neue Radfahrstreifen eingerichtet, die mehr Raum für den Radverkehr geben und damit die Verkehrssicherheit für alle erhöhen. Der Radverkehr wird künftig auf dem rechten Fahrstreifen geführt. Links davon sind Lieferzonen sowie Platz für parkende Fahrzeuge vorgesehen”, heißt es in der Pressemitteilung des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg zum Projekt Grunewaldstraße.
Der ADFC Schöneberg stimmt der Einschätzung des Bezirksamts zu:
Mit geschützten Radstreifen an der Grunewaldstraße erhöhen sich die Sicherheit für alle Radfahrenden ebenso wie die Verkehrssicherheit für alle, die hier am alltäglichen Straßenverkehr teilnehmen.
Wir gehen davon aus, dass die Verkehrssituation sich auf den bislang unfallträchtigen Fahrbahnen mit dem Umbau und der neuen Aufteilung der Flächen deutlich entspannt. Mit dem Fahrrad war die Grunewaldstraße, die als Hauptverkehrsstraße ursprünglich ausschließlich autogerecht geplant worden war, nur unter erhöhtem Stress zu befahren. Für Schulkinder war das Radfahren auf der Grunewald kaum möglich, oder sogar unmöglich, und das Queren zu Fuß gefährlich.
Für die Schulwegsicherheit ist der Umbau der Grunewaldstraße ebenfalls ein Gewinn.
Die Grunewaldstraße liegt im Einzugsbereich von gleich vier Grundschulen! Bereits im Jahr 2019 hat das Kinder- und Jugendparlament in Tempelhof-Schöneberg sichere Radwege an der Grundwaldstraße gefordert.
Dabei geht es nicht nur um Radwege, sondern auch um Tempo 30 im Umfeld von Schulen, Horteinrichtungen und Kitas, und um bessere Sichtbeziehungen beim Queren. Dadurch, dass zukünftig weniger Autos an Kreuzungen und am Fahrbahnrand stehen, verbessern sich die Sichtbeziehungen zu Fuß und vor allem für Schulkinder deutlich.
Durch die Einrichtung von Lieferzonen werden auch Gewerbetreibende unterstützt. Dies hat die IHK Berlin eindeutig bestätigt.
Am 14. Oktober 2024 begann die erste Bauphase zur Umgestaltung der Grunewaldstraße. In den kommenden Monaten entstehen die geschützten Radfahrstreifen und Lieferzonen. Am 27. November haben InfraVelo Berlin, Verkehrssenatsverwaltung SenMVKU und das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg das Projekt Grunewaldstraße umfassend vorgestellt, mit einem Seitenblick der IHK Berlin.
Der ADFC Schöneberg begrüßt den Umbau der Grunewaldstraße ausdrücklich. Und doch, können wir damit schon zufrieden sein?
Wie sieht es insgesamt in Berlin aus? Noch am 22. März 2024 haben wir uns gemeinsam im Bündnis mit weiteren Radverbänden gegen eine Aushöhlung der Pläne für sichere Radwege auf der Grunewaldstraße durch die Berliner Senatsverwaltung gewehrt.
Der Umgang der Senatsverwaltung mit der Grunewaldstraße war exemplarisch: Die Pläne für den Umbau lagen bereits vor. Sichere Radwege schienen in greifbarer Nähe. Dann haben die Berliner Senatsverwaltung, beziehungsweise deren damalige Leitung Manja Schreiner, es sich anders überlegt und die Pläne geändert. Eine Zeitlang war sogar die Baufinanzierung in Gefahr!
Immerhin hat der Protest gegen den Stopp des Projekts Grunewaldstraße mittlerweile Gehör gefunden. Sogar die IHK spricht sich für eine andere Aufteilung der Flächen aus, weil an vielen Stellen Lieferungen nur schwer möglich sind, und das vor allem angesichts der vielen Autos, die überall am Fahrbahnrand vor den Geschäften und an den Einfahrten stehen!
Wer sind heute die Beteiligten an der Umsetzung des Projekts Grunewaldstraße?
Die Planung der neuen Radfahrstreifen auf der Grunewaldstraße erfolgte durch die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenMVKU). Das Projekt wird durch Landesmittel sowie durch das Sonderprogramm „Stadt und Land“ des Bundes finanziert. Für die Umsetzung der Maßnahme ist die InfraVelo GmbH als Bauherrin verantwortlich. Vorhabenträgerin ist die SenMVKU.
Außerdem haben das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg und Stadträtin Dr. Saskia Ellenbeck sich in den bezirklichen Gremien und in der Bezirksverordnetenversammlung durchgehend für die Planung und Umsetzung des Projekts eingesetzt.
Und doch, es muss auch an dieser Stelle gesagt werden: Berlin und die Senatsverwaltung, ebenso wie manche Bezirke, tun insgesamt viel zu wenig für Radverkehrsprojekte und die Verkehrssicherheit Radfahrender!
Die Grunewaldstraße ist angesichts des Radwegestopps und des Stopps der Finanzierung für Rad- und Verkehrssicherheitsprojekte aktuell nur eines von wenigen umgesetzten Projekten. Das können wir, bei aller Zustimmung, nicht billigen!
Es gibt nichts schönzureden. In Berlin werden nach wie vor viel zu wenige Radwege gebaut, und die Sicherheit von Radfahrenden durch unzureichende Maßnahmen im Bereich Radverkehrssicherheit leichtfertig aufs Spiel gesetzt.
Wir nehmen weiterhin an lokalen und berlinweiten Fahrraddemos für sichere Radwege in Berlin teil!
"Fahrrad lohnt sich für Berlin: Radwege bauen und nicht stoppen!"
Am 21. September 2024 umrundeten wir mit 800 Radfahrer:innen bei der großen ADFC-Kreisfahrt das Berliner Stadtzentrum. Das Statement des ADFC Landesverbands war eindeutig:
Alle aufs Rad, denn es ist ernst. Wir müssen weiterhin für sichere Radwege auf die Straße!
Aktuell sabotieren die Senatsverwaltung für Verkehr und ihre Senatorin Ute Bonde Schlag auf Schlag das Fahrradfahren in Berlin: Acht von neun geplanten Radschnellwegen wurden gestoppt. Vier von sechs geplanten Fahrradparkhäuser wurden gestoppt! Der Radwegeausbau für dieses Jahr beläuft sich bisher auf gerade einmal 4,2 Kilometer - 100 Kilometer sollten es eigentlich sein.
Mit einer Schöneberger Kidical Mass KinderFahrraddemo haben wir uns der Kreisfahrt angeschlossen und gemeinsam für sichere Radwege und einen kinderfreundlichen Straßenverkehr in Berlin demonstriert.
Auch die ADFC-Lichterfahrt hat der ADFC Berlin ein strahlendes, funkelndes Zeichen für mehr Sicherheit für Radfahrende. Wir waren mit 2.100 Menschen gemeinsam mit leuchtenden Rädern unterwegs.
Weitere Fahrraddemos folgten, etwa auf der Kantstraße am 18. November 2024 .
Zudem werben wir ausdrücklich für die Fahrraddemos der Respect Cyclists für sichere Fahrradwege in ganz Berlin!