Sicherheit für Radfahrende: Mindestens 1,5 Meter Kfz-Überholabstand
Beim Überholen müssen Autofahrer:innen 1,5 Meter seitlichen Abstand zu Radfahrenden einhalten. Warum dieser Abstand dabei hilft, dass mehr Menschen Radfahren und was Radfahrende insgesamt beachten sollten.
Wer mit dem Fahrrad auf Berliner Straßen unterwegs ist, kennt Situationen, in denen Autofahrer:innen zu dicht überholen. Der Schreck fährt durch alle Glieder, Herzklopfen und ein Seufzen, dass "nochmal alles gut gegangen ist.” Fehlender Abstand ist gefährlich, fühlt sich gefährlich an und hält Menschen vom Radfahren ab. Wie eine Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos zeigt, halten Sicherheitsbedenken viele Menschen vom Radfahren ab: 42 Prozent der Befragten halten Radfahren im Straßenverkehr für zu gefährlich. Zur subjektiven, gefühlten Sicherheit gehören nicht nur sichere Radwege und ein durchgängiges Radnetz, sondern auch regelmäßige und konsequente Kontrollen der bestehenden Regeln seitens der Polizei.
Der ADFC setzt sich für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden ein mit dem Ziel der VisionZero, also Null im Straßenverkehr getötete und schwerverletzte Menschen. Ausreichender Überholabstand ist ein Baustein für ein besseres Miteinander im Verkehr. Dieser Artikel erklärt, warum der Überholabstand von Autofahrer:innen sicherheitsrelevant ist. Gleichzeitig gibt er Tipps für eine vorausschauende, defensive Fahrweise.
Autofahrer:innen sollten beachten: Überholabstand mindestens 1,5 Meter
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) macht klare Vorgaben von 1,50 Meter inner- und 2,00 Meter außerorts zwischen Pkw-Außenspiegel und Lenkerende des Fahrrads. Das wird in der Realität aber viel zu selten eingehalten, wie das Experiment “Radmesser” des Tagesspiegels 2018 gut dokumentiert hat. Und ebenso wenig werden Überholabstände von den zuständigen Behörden kontrolliert.
Ursache für dieses gefährliche Verhalten ist zum Teil die Unkenntnis der Autofahrenden, eine falsche Einschätzung des tatsächlichen Abstandes und eine mangelnde Einsicht. Aus Sicht des ADFC müssen neben Sensibilisierungs-Kampagnen vor allem Kontrollen regelmäßig durchgeführt werden, bis sicheres Überholen von Radfahrenden selbstverständlich ist.
Zu enges Überholen wird in der Unfallstatistik unter “ungenügender Sicherheitsabstand” als fünfthäufigste Hauptunfallursache zusammengefasst. Doch die Druck- und Sogwellen beim Überholen von Radfahrenden gleichen denen einer Zugdurchfahrt am Bahnsteig, wie Forscher:innen des Karlsruhe Institute of technology dokumentiert haben. Auch ohne unmittelbaren Kontakt zwischen Auto und Fahrrad sind schwere Stürze möglich. Und “touchiert” ein:e Autofaher:in in seltenen Fällen tatsächlich ein Fahrrad, sind die Unfallfolgen in der Regel schwere Verletzungen.
Spurwechsel nötig, sonst meist faktisches Überholverbot
In vielen Berliner Nebenstraßen, die üblicherweise als Tempo-30-Zonen ausgeschildert sind, können Kfz-Fahrer:innen mangels Fahrbahnbreite nicht überholen. Neben Parkstreifen oft auf beiden Seiten müssen Radfahrende einen Abstand zu öffnenden Autotüren von 1 Meter halten. Ohne richtungsgetrennte Fahrstreifen ist der gesetzliche Überholabstand unmöglich einzuhalten: Dazu wären mehr als 5,2 Meter Fahrgasse nötig. Autofahrer:innen sind auf schmaleren Straßenabschnitten gezwungen, bis zur nächsten Ausweichstelle hinter Radfahrenden zu bleiben.
Entsprechend ist auch auf mehrspurigen Straßen ein regelkonformes Überholen stets mit einem Fahrstreifenwechsel verbunden. Bei zweispurigen Straßen ist Überholen demnach über die Gegenfahrbahn möglich, wenn keine Fahrzeuge entgegen kommen. Wichtig zu betonen ist, dass es sich keineswegs um Nötigung handelt, wenn Menschen im Auto ein paar Sekunden Zeit verlieren. Denn Sicherheit, gegenseitige Rücksicht und ständige Vorsicht bilden im §1 der Straßenverkehrsordnung die Grundlage des Miteinanders im Verkehr.
Sichere Infrastruktur
Damit der “Überholdruck” sinkt, helfen getrennte Wege für Kfz- und Radverkehr. Kiezblocks mit Diagonalsperren oder gegenläufigen Einbahnstraßen entspannen Begegnungen, indem Kfz-Durchgangsverkehr aus Wohnvierteln herausgehalten wird. Damit können genau dort hochwertige Fahrradstraßen entstehen, wo Menschen wohnen oder Kinder zur Schule gehen. An allen Hauptverkehrsstraßen dagegen sind getrennte, sichere Radverkehrsanlagen im Mobilitätsgesetz festgeschrieben.
Das sollten Radfahrende beachten
Bis es in Berlin durchgehende getrennte Radwege an allen Hauptstraßen oder Fahrradstraßen im Nebennetz gibt, empfehlen wir:
- Ein Rückspiegel am Lenker oder am Helm erlaubt, von hinten herannahende Kfz wahrzunehmen.
- Nicht einschüchtern oder abdrängen lassen: Wenn die Breite der Straße dafür nicht ausreicht, dürfen Autofahrer:innen nicht überholen.
- Defensiv, aber selbstbewusst fahren: Im Nebennetz gilt als optimale Fahrlinie die Position der rechten Autoreifen. Diese sind gut nach Regen oder teils als leichte Vertiefung zu erkennen und bieten genug Abstand nach rechts zu parkenden Fahrzeugen. Um Schlaglöchern ausweichen zu können kann auch weiter mittig gefahren werden, insbesondere an Stellen, die faktisch kein Überholen zulassen. Ausreichender Abstand nach rechts verschafft Radfahrenden gleichzeitig genug Raum, um bei einem regelwidrigen Überholvorgang mit zu geringem Abstand etwas auszuweichen zu können.
Die Erkenntnisse zur Verkehrssicherheit müssen Allgemeinwissen werden. Der Radverkehr muss sicherer werden – nicht nur in Abgrenzung zum Kraftverkehr, sondern auch für die Radfahrenden untereinander. Dazu gehört eine Mindestbreite von 2,50 Meter für Radverkehrsanlagen zum Überholen.
Das trägt zur objektiven und subjektiven Sicherheit aller Radfahrenden bei. Damit sich künftig immer mehr Menschen trauen, auf ihren Wegen das Fahrrad zu nutzen!
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