Martin Schmidt, Geschäftsführer Velogista

Martin Schmidt, Geschäftsführer Velogista © Martin Schmidt

Auf der letzten Meile

Im Gespräch mit Martin Schmidt, Geschäftsführer von Cycle Logistics und der Marke Velogista. Das Interview führte Anne Weise.

Martin, wie bist Du zur Fahrradlogistikbranche gekommen?
Logistiker war ich schon immer. Ich habe zuletzt ein Start-Up aufgebaut, das für Amazon Pakete ausliefert. Damit hatte ich von Anfang an direkten Kontakt mit der »letzten Meile«. Ich wollte danach aber etwas machen, bei dem mir das Herz aufgeht – und das sind Fahrräder. 2017 bin ich nach Wien zur Europäischen Radlogistik-Konferenz (ECLC) und habe gesehen: Da ist ein Riesenmarkt. Die Paketmengen steigen, die Onlinebestellungen steigen, die Probleme in den Städten steigen – was Verkehr angeht. Diesen Markt will ich mit Fahrrädern bedienen.

Was hat Dich damals bewegt, zu Velogista zu gehen?
Bei der ECLC in Wien lernte ich den damaligen Geschäftsführer Martin Seißler kennen. Martin fuhr Waren mit Schwerlasträdern aus, während ich mit Cycle Logistics CL GmbH auf große Warenmengen der echten KEP-Dienste gesetzt habe, also Kurier-, Express- und Paketdienste. Im Frühjahr 2019 kam eine Anfrage zur Ausfuhr von Ökokisten dazu. Gleichzeitig befand sich Velogista in einer wirtschaftlichen Schieflage. Als Geschäftsführer von Cycle
Logistics konnte ich mit der Übernahme von Velogista das Geschäft für größere Lasten fortsetzen und bisherige Standorte stabilisieren.

Was hast Du anders gemacht?
Velogista war damals mit einer großen Vision unterwegs: den S-Bahn-Ring mit der Ausfahrt von Ökokisten autofrei zu machen. Das wollen wir heute immer noch. Wir haben dafür die Touren verdichtet; Kunden werden jetzt am selben Tag im selben Gebiet beliefert. Der Markt auf der »letzten Meile« ist schwierig, weil die Leute noch nicht endgültig verstanden haben, dass man für ein bis vor die Haustür zugestelltes Paket auch faires Geld bezahlen muss.

Hat eure Kundschaft ein besonderes Interesse an nachhaltiger Zustellung?
Ganz unterschiedlich. Einerseits arbeiten wir mit kommerziellen KEP-Dienstleistern zusammen, die nach Alternativen zur Zustellung suchen – falls Berlin die Stadt für Dieselfahrzeuge dicht macht. Anderen Kunden ist eine nachhaltige Zustellung wichtig, damit das Gesamtkonzept stimmig ist. Eine Ökokiste von Brodowin verkauft sich schlecht, wenn die ökologisch und biologisch hochwertige Ware mit einem stinkenden Diesel in Kreuzberg vor die Haustür gefahren wird. Der Onlineversender MEMO liefert Büroartikel aus, dessen Ware normalerweise besser ins Auto passen würde; aber die Zustellung auf der letzten Meile per Lastenrad ist expliziter Bestandteil eines nachhaltigen Verkaufskonzepts.

Welche Infrastruktur brauche eine gute Zustellung per Lastenrad?

In unseren Städten planen wir Straßen und dann planen wir die Stadt drumherum. Eine Straße besteht aber aus einer Fahrbahn, dem Bürgersteig und bitte auch einem Radweg. Deshalb sollte die Straßenflächennutzung anders aufgeteilt werden: weniger Platz für parkende Autos und dafür richtig breite Fahrradwege. Baulich getrennt und farblich markiert, damit sich auch zwei 1-Meter breite Lastenräder bequem überholen können.

Du bist auch der Vorsitzende des Radlogistik Verbands Deutschland. Was sind Eure Forderungen?
Die Einlieferer der Waren sollten sich mit nachhaltigen Logistik-und Mikrodepotprozessen beschäftigen und ihre Autos durch Lastenräder ersetzen. Gewerbliche Lieferverkehre, Lastenräder und auch Autos, brauchen mehr Flächen zum Fahren, sowie zum Ein- und Ausladen. Parkende Autos sollten dafür als Erstes weichen. Ebenso sollte das Regularium bezüglich der Wattleistung für elektrische Cargobikes so gestaltet werden, dass sie auch bei mehr als 250 Watt noch führerschein- und versicherungsfrei gefahren werden dürfen. Und zuletzt sollten die  Lastenradhersteller Fahrräder bauen, die erschwinglich sind und vor allem länger hallten.

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https://berlin.adfc.de/artikel/auf-der-letzten-meile

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 200.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die ADFC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer*in achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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