Pop-Up-Radweg an der Petersburger Straße

Pop-Up-Radweg Petersburger Straße © ADFC Berlin / Carolina Mazza

„Radfahrende sehen in den Pop-Up-Radwegen sehr viele Vorteile“

Im Gespräch mit Katharina Götting, Initiatorin der Umfrage zu den Pop-Up-Radwegen von IASS Potsdam und TU Berlin. Das Interview führte Lisa Feitsch.

Hallo Katharina, seit der Einrichtung der ersten Pop-Up-Radwege in Friedrichshain-Kreuzberg Ende März ist ja alles ungewöhnlich schnell gegangen. Eure Umfrage startete schon Ende April. Was wolltet ihr wissen?
Als feststand, dass beispielsweise auch am Kottbusser Damm ein Pop-Up-Radweg entsteht, hat uns interessiert, welche Vorund Nachteile die Radfahrenden und andere Verkehrsteilnehmende in den neuen Radwegen sehen.

Was sind die zentralen Ergebnisse der Studie?
Grundsätzlich lässt sich festhalten: Radfahrende sehen in den Pop-Up-Radwegen sehr viele Vorteile. Einerseits in der gefühlten Sicherheit, die mehr Teilhabe und einen Umstieg aufs Rad fördert, andererseits durch mehr Platz zum Überholen und Abstandhalten, und dass man sich schneller fortbewegen kann. Die wahrgenommenen Nachteile wie Falschparker*innen und die Mündung in gefährliche Kreuzungen sind sicherlich wichtige Hinweise für Nachbesserungen. Viele Befragte, die die Pop-Up-Radwege ablehnen, erwarten mehr Stau und eine seltene Nutzung seitens der Radfahrenden. Da bleibt es abzuwarten, ob diese Erwartungen wirklich eintreten. Tendenziell sollten die Schlussfolgerungen mit Vorsicht betrachtet werden. Die Umfrage basiert nicht auf einer repräsentativen Stichprobe, das heißt, die Merkmale der Befragten, wie zum Beispiel die Verkehrsmittelnutzung oder das Alter, spiegeln nicht die Verteilung innerhalb der Berliner Bevölkerung wider.

Die Ergebnisse zeigen dennoch deutlich, dass nicht nur Radfahrende, sondern auch mehrheitlich Menschen zu Fuß und ÖPNV-Nutzende die neu geschaffene Infrastruktur fürs Rad befürworten. Autofahrende sind dagegen eher skeptisch. Welche Ergebnisse waren für euch überraschend?
Ein wenig überraschend war für uns, dass obwohl 84 Prozent der Befragten zum Zeitpunkt der Befragung mindestens einmal pro Woche das Fahrrad nutzten, sich nur 58 Prozent als Radfahrerin oder Radfahrer fühlten. Die übrigen sahen sich eher als Fußgänger*innenoder ÖPNV-Nutzer*innen. Aber auch zu Fuß profitieren Menschen von den Pop-Up-Radwegen. Zum Beispiel haben sie nun mehr Platz auf den Gehwegen. Auch der ÖPNV wird entlastet, wenn mehr Menschen aufgrund einer besseren Infrastruktur auf das Fahrrad umsteigen. Die hohe Zustimmung zeigt einmal mehr, dass Menschen, die klimafreundlich, also im Umweltverbund unterwegs sind, die gleichen Ziele verfolgen und eng zusammen arbeiten sollten.

Der wichtigste Aspekt für die Befürwortung der Pop-Up-Radwege war ja, dass diese die Sicherheit erhöhen, bspw. in Bezug auf das „Dooring“, also der Gefahr durch plötzlich und unachtsam geöffnete Autotüren. Jedoch klagten die Teilnehmenden auch über eine Zunahme von aggressivem Verhalten von Autofahrenden gegenüber Radfahrenden.
Natürlich heißt das nicht, dass alle Autofahrenden aggressives Verhalten gegenüber den Radfahrenden zeigen, sondern eben nur einige Wenige. Andere Untersuchungen im Vorfeld zeigen zum Beispiel, dass die Aggressivität mit der Persönlichkeit der Autofahrenden oder einer negativen Einstellung gegenüber Radfahrenden zusammenhängt. Eventuell müssen sich die Autofahrenden auch erst an die neue Situation gewöhnen und verstärkt über die neuen Radwege aufgeklärt werden.

Welche Ergebnisse müssten aus deiner Sicht tiefer beleuchtet werden? Plant ihr eine Folgestudie?
Definitiv wäre eine repräsentative Studie zur Akzeptanz der Pop-Up-Radwege interessant. Vor allem um ein differenziertes Bild davon zu bekommen, warum einige Menschen die Radwege ablehnen. Sicherlich ist es auch sinnvoll zu untersuchen, ob sich ein Gewöhnungseffekt einstellt. Eine explizite Planung für weitere Umfragen gibt es noch nicht, wird aber aktuell im Team diskutiert.

Danke für das Gespräch!

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