Überdacht Radfahren: Das Berliner Projekt Radbahn
Berlins erster überdachter Fahrradweg: Das innovative Vorhaben der Radbahn steht Berlin gut zu Gesicht. Jetzt muss die Umsetzung geprüft werden.
Bereits 2015 entwickelte ein Team freier Architekt:innen und Planer:innen die Idee eines Radwegs unter dem Hochbahnviadukt der U1. Das Besondere der Vision: Geschützt von Wind und Wetter sollen Berlins Radfahrerinnen und Radfahrer zukünftig neun Kilometern von Friedrichshain nach Charlottenburg überdacht zurücklegen können. Ein Projekt, das den öffentlichen Raum neu denkt. Jetzt wird im so genannten "Reallabor" geprüft, wie sich dieses Vorhaben umsetzen lässt.
Was Paris schon lange vormacht, soll durch das Projekt auch in Berlin-Kreuzberg wahr werden: Mehr Komfort und Schutz für Radfahrende auf einem eigenen überdachten Weg. Ein Novum der menschenfreundlichen Stadtentwicklung in Berlin.
Klar ist auch, der Radverkehr in Berlin wächst und wächst. Zusätzlich zur Radbahn muss auch die Fahrbahn umgestaltet werden, wo jetzt nur Platz für Autoverkehr ist, muss Platz fürs Rad entstehen. Denn so schreibt es seit 2018 das Mobilitätsgesetz vor. Die darin vereinbarten Standards für breite und sichere Radinfrastruktur müssen so wie im Mobilitätsgesetz verankert an allen Hauptverkehrsstraßen angewendet werden.
Den Projektfortschritt schildert das Reallabor Radbahn so: „Im Jahr 2019 fügte sich die Vision der Radbahn zu einem umsetzbaren Anschlussprojekt – dem Reallabor Radbahn. Ziel ist es das ursprüngliche Radbahn-Konzept kritisch zu überprüfen und weiterzuentwickeln sowie eine Entscheidungsgrundlage für den weiteren Bau der Radbahn-Gesamtstrecke zu erarbeiten. Hierfür bewarb sich das Projekt zusammen mit der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen um die Förderung durch das Bundesprogramm Nationale Projekte des Städtebaus. Das Programm unterstützt konzeptionelle und bauliche Projekte, die auf eine besonders hohe städtebauliche Qualität abzielen, Beteiligungsprozesse fördern und ein großes Innovationspotenzial aufweisen. Der Antrag war erfolgreich, infolgedessen finanzieren der Bund und das Land Berlin das Reallabor Radbahn bis Ende 2023.“ Mehr zur aktuellen Situation der Radbahn gibt es hier auf der Seite der Radbahn.
Auf der Projekt-Website liest man auch: „`Probieren geht über Studieren.` Das ist das Motto von Reallaboren, einer Forschungsmethode, die neue, innovative Ideen im öffentlichen Raum praktisch testet.“ Ein innovativer Ansatz, der Raum für Beteiligung und Austausch lässt und Visionen aufzeigt.
Bis zur Umsetzung sind noch einige Fragen offen, Lösungen für Kreuzungen und Aufgänge zur U-Bahn müssen gefunden, Details geklärt werden. Ein Schritt in Richtung lebenswerte Stadt ist das Projekt schon jetzt. Denn nur wenn wir uns die Stadt der Zukunft bildlich vorstellen können, finden wir auch einen Weg dahin.
Update 2023:
Eine Machbarkeitsuntersuchung des Senats hat einen Radweg mit beiden Fahrtrichtungen unter dem Viadukt im Wesentlichen als schwer bis gar nicht realisierbar bewertet. Der Senat schlägt deshalb zwei neue Varianten vor: Die eine sieht weitgehend eine Spur unter dem Viadukt und eine daneben vor. Die andere Variante sieht vor, dass sowohl der Platz unter dem Viadukt als auch die Nordseite der Skalitzer Straße für den Kfz-Verkehr gesperrt und für den Rad- und Fußverkehr geöffnet werden und der Radweg dann in beiden Richtungen auf der Skalitzer Straße verläuft. Beide Varianten wären ein großer Fortschritt, denn sie bieten einen Gewinn an Lebensqualität für Berlin. Dabei wird der öffentliche Raum unter dem Viadukt wieder nutzbar gemacht und die bisher sehr ungleiche Verteilung des Straßenlandes zwischen dem motorisierten Individualverkehr und dem Rad- und Fußverkehr behoben. Die Variante mit der kompletten Nutzung der nördlichen Skalitzer Straße für den Radweg dürfte dabei die beste sein, da sie einen einheitlichen Radweg ohne viele Kurven gewährleistet und deutlich günstiger sowie schneller umsetzbar wäre.