Erlebnisse, die die Bezirksarbeit beim aktualisierten Radnetz sichtbar machen.
Die Pressemitteilung des Bezirksamts Reinickendorf vom 22. Juli 2024 unter der Überschrift „Bezirksbürgermeisterin stellt neue Fahrradkarte für Reinickendorf vor“ kommt wie gerufen, denn der Sommer animiert zur Entdeckungsreise.
Das wär’s doch, sagt sich der Alltagsradler, endlich einmal „den grünen Norden Berlins mit dem Rad entdecken“, und zwar mithilfe der aktualisierten Fahrradkarte und - ganz neu - mit den einzelnen Radrouten digital als GPX-Dateien für das Navigationsgerät.
Ich habe die Auswahl unter sechs bezirklichen Radrouten sowie einer touristischen Radroute rund um den Tegeler See. Spontan entscheide ich mich für die Radroute 2 (Von Hohen Neuendorf zum Weddinger Pankegrünzug), klicke den entsprechenden Download an und öffne die GPX-Datei in einem Radroutenplaner. Los geht’s.
Was mir nach einigen Kilometern auffällt: Die anfangs gute Beschilderung wird spätestens in Hermsdorf lückenhaft, bestehende Hinweisschilder sind teilweise vollkommen ausgebleicht und / oder verdreckt und zugewachsen. Das steigert sich im Märkischen Viertel: Aufkleber von vorzugsweise Hertha BSC bedecken die wenigen, verbliebenen Hinweisschilder nun fast flächendeckend und dienen als Grundlage für weitere Graffiti. Spätestens jetzt heißt es: Ohne Navigationsgerät – keine Chance.
Ich verlasse mich nun ausschließlich auf mein Navigationsgerät und erreiche den Berliner Mauerweg, dem ich bis zum Ende der Radroute folgen werde.
Bevor die Radroute 2 am Pankegrünzug endet, verläuft sie in Pankow zwischen Kopenhagener- und Klemkestraße auf dem nahezu unbefahrbaren ehemaligen Mauerweg. Parallel dazu wurde 2019 das 1,5 Kilometer lange Teilstück des Grünen Bandes Berlin mit einem vier Meter breiten asphaltierten Radweg fertiggestellt. Warum man die Radroute 2 nicht auf dieses Teilstück verlegt hat? Ich kann es mir nur so erklären, dass sich niemand die Mühe gemacht hat, den Verlauf der Radroute 2 an die verbesserte Radverkehrsführung in Pankow (!) anzupassen.
Schließlich erreiche ich das Ende der Radroute 2 am Pankegrünzug.
Alles in allem eine abwechslungsreiche Radtour.
Mir drängt sich nur der Verdacht auf, dass es sich – mit Ausnahme der GPX-Dateien und der touristischen Radroute rund um den Tegeler See - im Wesentlichen um die unveränderte Wiederauflage des Radwegenetzes aus den 1970ern handelt - damals liebevoll als Radwanderwege bezeichnet - ohne weitere Investitionen in die seinerzeitige Radinfrastruktur.
Nachdem ich nun auch die Route 4 (U-Bahnhof Rehberge - Zeltinger Platz) abgefahren bin, wo ich immerhin eine neue Beschilderung der Einfahrt vom Waidmannsluster Damm in den Steinbergpark vorgefunden habe, nebst zwei nagelneuen Verbotsschildern für Radfahrer (!) an einer kleinen Fußgängerbrücke über den Nordgraben, bleibt die Erkenntnis:
Alter Wein in neuen Schläuchen und wieder eine vertane Chance der hiesigen Verwaltung.
(Helmut Stockinger)