Eine Feierabend-Radtour durch unser grünes Reinickendorf
dazu hatte die ADFC-Stadtteilgruppe am 11.04.2024 kurz nach Frühlingsanfang und rechtzeitig zu Beginn der neuen Fahrradsaison die Mitglieder:innen der BVV-Ausschüsse für Mobilität und Tiefbau sowie Ordnung, Umwelt, Grünflächen und Natur eingeladen.
Mit dieser Geste wollten wir die bereits bestehenden Kontakte vertiefen und neue ermöglichen. Damit war und ist die Hoffnung verbunden, eine gute Basis für ein gutes „Miteinander“ wie immer wieder seitens des Bezirks betont wird, zu schaffen.
Wir engagieren uns alle ehrenamtlich, sind täglich mit dem Fahrrad unterwegs und werden oft von besorgten Menschen, die wieder einmal als Radfahrende in eine kritische Verkehrssituation geraten sind, um Unterstützung gebeten. Immer geht es um mehr Sicherheit auf der Straße! Uns ist bewusst, dass ein Mehr an Sicherheit durch eigenes rücksichtsvolles, um- und weitsichtiges Verhalten erreicht werden kann. Das ist das Eine und das Andere sind die Rahmenbedingungen, die es braucht, um sicher von A nach B zu gelangen. Dazu zählt eine gute Radverkehrsinfrastruktur die bspw. ein sicheres Überqueren der Straße möglich machen.
Unsere Tour führte uns vom Rathaus Reinickendorf über die Gorkistraße nach Tegel! Eine Herausforderung für alle Verkehrsteilnehmenden! Erst am vergangenen Sonntag, als ich den nicht benutzungspflichtigen schmalen Hochbordradweg entlang der Gorkistraße genutzt habe und meine Fahrt durch das plötzliche Öffnen einer Autotür jäh gestoppt wurde, war ich doch nicht wenig überrascht, anstelle einer besorgten Entschuldigung nur zu hören: „Ich habe aber nach hinten geguckt!“
Wir verließen die Gorkistraße und radelten über den frisch sanierten Weg entlang des Nordgrabens. Ein wunderbares Stück Radweg, übersichtlich, breit, gut befahrbar bis zur Ziekowstraße. Hier werden sowohl Radfahrende, zu Fuß Gehende und Autofahrende mit einem unübersichtlichen Kreuzungsbereich ohne entsprechende Hinweisschilder konfrontiert! Dieser Bereich zählt auch zum unmittelbaren Einzugsgebiet des Humboldtgymnasiums, d.h. Schüler:innen werden täglich verkehrsinfrastrukturbedingt Gefahren ausgesetzt!
Schade, hier vor Ort hätten wir uns gerne mit weiteren Entscheidungsträgern ausgetauscht, um diese extreme Gefahrenzone möglichst bald zu entschärfen! Wir verstehen nicht, warum derartige Kreuzungsbereiche bei Sanierungen nicht mitgedacht, sprich querungsicher gestaltet werden!
Die Tour führte uns dann weiter zur Gorkistraße vorbei an den vielen wenig genutzten Fahrradständern, gedacht für die verkehrsberuhigte Einkaufszone! In ganz Reinickendorf wurden in den vergangenen Jahren auffallend viele Haltebügel und Abstellanlagen für Fahrräder installiert. Uns interessieren die Auswahlkriterien für die jeweiligen Standorte. Direkt zugängig zum Tegelcenter gibt es ein Autoparkhaus, die Abstellanlagen für Fahrräder liegen 200m vor der verkehrsberuhigten Einkaufszone hinter dem Bahnübergang. Wir setzten unsere Tour weiter fort Richtung Borsigwalde. Um der emphohlenen Fahrradstrecke zu folgen, muss man die viel befahrene Gorkistr. 50m vor dem beschrankten Bahnübergang kreuzen oder man nutzt die sichere Variante, fährt bis zur Ampel kreuzt dort und fährt wieder 50m zurück?! Auf dem Weg zur Ernststraße und den weiteren Verlauf wurde deutlich, dass Tempo 30 Zonen erheblich zur erforderlichen Verkehrssicherheit beitragen würden! Die Kita in der Ernststr. braucht morgens in der Zeit von 6.30 - 10 Uhr eine Haltebucht für LKW-Anlieferungen, die dann im weiteren Tagesablauf von Eltern genutzt werden könnte. Ältere Anwohnende vermissen ihre Bank zum Verschnaufen an der Ecke Ernststr. Eine Alternative wäre ein Standort zwischen Tietzstr. und Klinnerweg. Die befragten anliegenden sozialen Einrichtungen entlang unserer Radtour nannten häufig unübersichtliche Querungs- und Kreuzungsbereiche, enge Hochbordradwege und Parkzonen als Problembereiche im Alltag. Sie sehen dringenden Handlungsbedarf zum Schutze der Kinder. Sie begrüßen außerordentlich unser Engagement!
Wenn wir ehrlich sind, jahrzehntelang wurde fast ausschließlich die gesamte Verkehrsinfrastruktur autogerecht gestaltet. Als wir in den 70ziger Jahren wegen der Ölkrise gezwungen waren, das Auto stehen zu lassen, haben es damals fast alle als etwas Besonderes, als Lebensqualität empfunden, die Straßen sonntags anders, ohne die üblichen motorisierten Fahrzeuge wie Autos, LKW’s etc. nutzen zu können. Jede und jeder, der das damals miterlebt hat, kommt ins Schwärmen. Heute, mit größeren Energieproblemen wird der autofreie Sonntag wie ein Super GAU diskutiert und verhindert. Warum?
Worum geht es wirklich, wenn der Ausbau für ein klimaschonendes Verkehrsmittel wie das Rad, verzögert oder blockiert wird? Worum geht es wirklich, wenn der gesetzlich vorgeschriebene Ausbau von Radwegen gestoppt wird! Das interessiert uns! Wir wollen verstehen nach welchen Kriterien geplant und gebaut wird. Wir engagieren uns, weil die Verkehrsdichte insbesondere hier in Reinickendorf auch durch die Pendlerströme aus dem Umland zunehmen, die engen Seitenstraßen immer stärker als Ausweichmöglichkeit genutzt werden und damit nicht nur Schulkinder täglich erhöhten Unfallgefahren ausgesetzt sind. Wir wollen keine Verkehrstoten, keine Schwerverletzten, keine Verletzten beklagen! Alle sollen sicher ihr Ziel erreichen!
Schade, wir sehen es als verpasste Chance und stellen mit Bedauern fest, es besteht kaum oder besser gesagt kein Interesse von Seiten der amtierenden Entscheidungsträger an einem Dialog!
Wir denken bei unserem Engagement insbesondere an die nächsten Generationen. Der lebenswerte Raum wird knapper! Klimaschutz ist Menschenrecht! Für diese Selbstverständlichkeit haben Schweizer Senior:innen gekämpft und Recht bekommen! Eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik ist ein wesentlicher Baustein in diesem Kontext!
Wir bleiben dran, organisieren weitere Radtouren durch unseren lebenswerten, grünen Bezirk! Wir denken an die Zukunft und tragen Verantwortung für die nächsten Generationen.
Wie lautete der Slogan der siebziger Jahre: Fahrräder sind leise! Sie stinken nicht! In diesem Sinne bis bald! Wir radeln und sehen uns!
(Maria Anne Lamberti)