Schlaubetal

Schlaubetal © Stefan Jacobs

Das ganze Jahr auf dem Rad? Schlaube locker!

Der kleine Fluss im Osten Brandenburgs lockt rund ums Jahr mit einem eigenen Naturpark – und einer gut ausgebauten Radroute für einen Tag. Von Stefan Jacobs.

Diese knapp 60 Kilometer lange Tour beginnt in Müllrose, dessen Name slawischen Ursprungs ist, also keinerlei spontane Rückschlüsse auf irgendwas zulässt. Der Bahnhof liegt etwas außerhalb des Städtchens. Da die Tage kurz sind, heben wir uns das lieber bis zum Schluss auf – und beginnen mit der Erwärmung. Die zieht sich über 20 Kilometer und unterscheidet sich vom Hauptprogramm dadurch, dass man einfach im selbstgewählten Rhythmus kurbelt und wenig Grund zum Anhalten hat. Also vom Bahnhof südwärts bis zur Landstraße und auf deren parallelem Radweg durch den Wald nach Schernsdorf und weiter durch Fünfeichen. Dort kreuzt die Route die B246 und geht am Ortsausgang wieder in eine Landstraße mit Radweg über. Das Terrain wird hügelig, aber ebenso gut zu befahren dank glattem Belag und breiter Piste. Die Birken, die die Strecke säumen, gehören im Frühling zu den ersten, die frische Farbe in die Landschaft bringen.

Man trifft eher wenige Menschen auf dieser Strecke, aber verloren geht man nicht, da die Schlaubetal-Radtour komplett ausgeschildert ist: Das markant geschwungene gelbe „S“ mit dem blauen Fahrrad und Körbchen weist den Weg. Der verläuft auf dem Erwärmungsteil erst direkt an der Naturparkgrenze und dann etwas außerhalb. Aber wo die Landstraße südlich von Kieselwitz endet und unsere Route rechts – also nach Westen – abzweigt, ist das eigentliche Ziel dieses Ausfluges erreicht: der Naturpark, durch den die nur knapp 30 Kilometer lange Schlaube fließt. Während der Park noch weit nach Süden reicht bis ins Braunkohlerevier, entspringt die Schlaube gleich nebenan: Der Wirchensee, der links der Straße zwischen den Bäumen durchschimmert und abgesehen von einem Hotel (mit täglich geöffnetem Restaurant) unbebaut ist, ist ihre öffentliche Premiere, und das schmale Tal, das der Radweg kreuzt, ihr Frühwerk. Wobei das Flüsschen so winzig ist, dass man es leicht übersieht, während man auf der Brücke über die bewaldete Senke rollt. Aber mag die Schlaube auch winzig sein, an ihrer Zuverlässigkeit besteht kein Zweifel: Da ihr selbstgemachtes Tal inzwischen so tief ist, dass es bis ins Schichtenwasser reicht, fiel sie selbst in den vergangenen Dürresommern nie trocken.

Ein paar Hügel weiter ist Chossewitz erreicht, das sich in die Landschaft kuschelt. Dahinter taucht die Radroute als autofreier Asphaltweg in den Wald ein und führt an mehreren ehemaligen Mühlen vorbei. Es waren mal mehr als 20, von denen überwiegend nur die idyllischen Anwesen mit Teich und Waldlichtung geblieben sind. Wobei das Wässerchen links unserer Route gar nicht die Schlaube ist, sondern die Oelse. Die ist mit 22 Kilometern noch kürzer und nimmt, obwohl keine fünf Kilometer von der Schlaube entfernt, am Ende einen anderen Weg: Was hier durch den Wald plätschert, fließt bei Beeskow in die Spree und von dort via Elbe in die Nordsee. Das Schlaubewasser dagegen fließt mit der Oder in die Ostsee.

Hinter Dammendorf ergibt sich die einzige Chance, der sonst nur von einem Wanderpfad begleiteten Schlaube mit dem Rad ein Stück direkt zu folgen: Der Radweg verläuft am Steilufer des Hammersees, der still und geheimnisvoll in der Rinne liegt, die die Schlaube ihm gegraben hat. Das Asphaltband des Radweges ist schmal, aber historisch wertvoll in preußisches Uralt-Pflaster eingebettet. Wer einkehren will, hat im Forsthaus Siehdichum täglich Gelegenheit. Für längere Aufenthalte gibt’s Prospekte in einer umfunktionierten Telefonzelle an der Zufahrt vor dem Haus der Naturparkverwaltung. Wer noch länger bleiben will: Siehdichum ist auch ein Hotel.

Gleich an der nächsten Weggabelung lohnt der kleine Försterfriedhof einen weiteren Stopp. Unter bemoosten Grabsteinen ruhen mehrere Familien von Forstleuten – im Schatten exotischer Bäume, die der Forstmeister Wilhelm Reuter Ende des 19. Jahrhunderts aus Amerika mitgebracht hatte.
Eine rumplige Asphaltstraße führt nach Kupferhammer, wo die Schlaube an einem nur sporadisch geöffneten Gasthaus vorbei- und unter der Straße durchplätschert. Wer zehn Kilometer sparen will, kann sich hier von ihr verabschieden und bereits in Mixdorf zum Bahnhof (am Ortsausgang) radeln. Reizvoller ist allerdings die reguläre Variante, die hinterm Ortseingang von Mixdorf rechts abzweigt zur Ragower Mühle. Die hat donnerstags bis sonntags geöffnet und vermietet ebenfalls zwei Gästezimmer in sehr idyllischer Lage. Außerdem gibt’s hier noch originale Mühlentechnik zu bestaunen – schön angerichtet hinter einem Panoramafenster. Darunter rauscht die Schlaube, die vor der Mühle zu einem Teich gestaut ist.

Durch Kiefernwald, der nach dem von Laubbäumen dominierten Schlaubetal monoton wirkt, geht es dem Ziel entgegen. Als kleines Highlight wartet noch die rekonstruierte Grenzkontrollstelle, auf der man laut Erklärschild von Sachsen nach Brandenburg wechselt. Also gewechselt wäre, wenn man die Tour vor 1815 gemacht hätte (ja ja, das Fahrrad wurde erst 1817 erfunden). Der mächtige Zaun am Weg macht das Ensemble noch eindrucksvoller, aber wurde wegen der Schweinepest installiert, nicht wegen der Sachsen.

In Kaisermühl geht’s vor dem Oder-Spree-Kanal links ab nach Müllrose, wobei der Bahnhof vor der Stadt erreicht ist. Wenn Kraft und Tageslicht noch reichen, lohnt sich der Extra-Kilometer ins Zentrum – schon der mächtigen Mühle wegen, die ihre Existenz der Schlaube verdankt. Genau wie der Große Müllroser See, der rund ums Jahr Urlaubsfeeling verbreitet. Das wird sich noch verstärken, wenn 2023 das neue Naturpark-Besucherzentrum am Markt eröffnet. Noch ein Argument, mal wieder herzukommen.

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https://berlin.adfc.de/artikel/das-ganze-jahr-auf-dem-rad-schlaube-locker

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 200.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die ADFC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer*in achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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