ADFC-Fahrradklima-Test 2020 © ADFC Berlin

ADFC-Fahrradklima-Test: Unzufriedenheit in Berlin & märkischen Kommunen ist hoch

Stressig und unsicher: Eine Tendenz zur Verbesserung ist erkennbar, aber viel fahrradfreundlicher ist Berlin in den letzten zwei Jahren nicht geworden.

In Brandenburg verlieren die Kommunen weiter. Dagegen zeigen die Teilnehmer*innenzahlen ein weiter steigendes Interesse für den Radverkehr.

Die gute Nachricht zuerst: Berlin rückt im deutschlandweiten Ranking von Platz 12 auf Platz 9 vor. Die Befragten sehen in jüngster Zeit Verbesserungen für den Radverkehr in der Haupt­­stadt, ein Sprung von der Schulnote 4,2 auf 3,4. Darüber hinaus hat Berlin für seine Pop-Up-Radwege und den Bedeutungszuwachs des Fahrrads in der Krise einen Corona-Sonderpreis erhalten. Doch das war es auch schon an guten Nachrichten, denn die Gesamtbewer­­tung für Berlin ist immer noch schlecht (Note 4,1)

Steigendes Interesse für den Fahrradklima-Test
An der Erhebung von Anfang September bis Ende November 2020 haben rund 5.630 Personen in Berlin und knapp 5.400 in Brandenburg teilgenommen, ein neuer Rekord. Auf diese Weise kamen auch fünf weitere märkische Kommunen in den Test.

Radfahren in Berlin bedeutet Stress
Mehr als die Hälfte der Befragten empfindet Radfahren im Berliner Verkehr noch immer als Stress (Note 3,9). Und rund 60 Prozent der Befragten fühlen sich in Berlin als Verkehrsteilnehmende weiterhin nicht akzeptiert (Note 4,2).

 

Radfahrende wollen mehr Sicherheit
Eines der grö­­­­­­ßten Hindernisse für die Verkehrswende ist das geringe Sicherheitsempfinden von Radfahrenden im Ber­li­ner Stadt­ver­kehr. Mehr als 80 Prozent der Befragten fühlen sich nach wie vor nicht sicher, ein dramatisch hoher Wert. Die gleiche Menge der Befragten sagt, dass sie auf der Fahrbahn von Autos bedrängt und behindert werde. Und fast alle Teilnehmenden nennen Falschparker*innen als Problem: 90 Prozent sagen, parkende Autos auf Radwegen würden in Berlin großzügig geduldet. Ein Problem, das durch mehr Ver­kehrskontrollen und die Einrichtung von Lieferzonen relativ schnell politisch angegangen werden könnte. Ein weiteres Problemfeld, das den Berliner*innen unter den Nägeln brennt, ist die Infrastruktur. Die Radverkehrsanlagen seien zu schmal (95 Prozent) und für junge und ältere Menschen nicht sicher (86 Pro­zent). Auf der Fa­hrbahn hingegen gebe es häufig Kon­flikte zwischen Rad- und Auto­verkehr (85 Prozent). Wäh­rend in der Haupt­­stadt gegenüber 2018 leichte Ver­bes­se­run­gen zu verzeichnen sind, kön­nen die Brandenburger*innen in ihren Kom­munen keinen Fortschritt er­kennen.

Die Situation in Brandenburg
»Das Fahrradklima in Brandenburg ist unverändert schlecht«, moniert Stefan Overkamp, Landesvorsitzender des ADFC Brandenburg. »Radfahrer fühlen sich auf Brandenburgs Straßen und Radwegen nicht wohl.« Tatsächlich zeigt der Fahrradklima-Test auch: In der Mark sta­­gniert die Entwick­­­­­­lung beim Rad­­­­­verkehr. Keine einzige Kommune kon­nte die Zufriedenheit unter den Rad­­­­­fahrenden steigern. Trotz Corona und Fahrrad-Boom haben die Menschen in Brandenburg nicht das Gefühl, dass sich ihre Situation verbessert hätte. Radfahrende klagen über Konflikte mit dem Autoverkehr (Note 4), fehlende Akzeptanz (No­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­te 3,6) und fühlen sich unsicher (Note 4). Dieses Bild zieht sich durch fast alle 41 Brandenburger Kommunen, deren Radklima bewertet wurde. Overkamp resümiert: »Für mich ma­­­­­­­­­­­­chen die Zahlen wieder ein­mal klar: So, wie Land und Kom­mu­nen aktuell Rad­wege planen und bauen, erreichen wir die Ver­­­­­­­­­­­­­­­­kehrswende nicht. Wir brauchen beim Radverkehr in Bran­denburg mehr Tempo und mehr Am­bition!«

Hoffnung macht nun das Ergebnis der Volksinitiative Verkehrswende Bran­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­denburg Jetzt! Nach langen Verhandlungen des Verkehrswende-Bündnisses mit der Landesregierung wurden in einem Entschließungsantrag die Eckpunkte für ein Mobilitätsgesetz in Brandenburg festgeschrieben: Brandenburg bekommt ein Mobilitätsgesetz, das die verschiedenen Bereiche (Fußverkehr, Radverkehr, Autoverkehr, ÖPNV, Schienenverkehr und Güterverkehr) unter dem Blickwinkel der Klimaneutralität zusammenführt. Die Priorität für den Umweltverbund wird festgelegt. Dessen Anteil am Modal Split soll bis 2030 von heute 42 auf 60 Prozent steigen.

Der ADFC-Fahrradklima-Test ist eine der größten Befragungen zum Radfahrklima weltweit und der Zufriedenheits-Index der Radfahrenden in Deutschland. An der Umfrage haben 2020 deutschlandweit fast 230.000 Menschen teilgenommen und die Situation für Radfahrende in ihrer Stadt oder Gemeinde bewertet. Die Umfrage wurde zum neunten Mal durchgeführt.

Die nächsten Umfrageergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests werden im April 2023 veröffentlicht.

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https://berlin.adfc.de/artikel/adfc-fahrradklima-test-unzufriedenheit-in-berlin-maerkischen-kommunen-ist-hoch

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 200.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die ADFC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer*in achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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