Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Berlin e. V.

Die Stadt sieht für alle anders aus: Pflastersteine und Breiten von unter 2 m entsprechen nicht den Standards des Radverkehrsplans.

Im Interview mit Urban Aykal „Mein Ziel ist, dass wir ganz vorne mitmischen“

Urban Aykal ist seit Dezember 2021 als Bezirksstadtrat für Ordnung, Umwelt- und Naturschutz, Straßen und Grünflächen für den Radverkehr in Steglitz-Zehlendorf zuständig. Das radzeit-Interview führte Solveig Selzer.

Solveig Selzer, radzeit: Herr Aykal, gerade diese Legislaturperiode ist für die Umsetzung des Mobilitätsgesetzes und damit der Verkehrswende in Berlin zentral. Der Radverkehrsplan, der die Mindeststandards fürs Fahrrad vorgibt, hat sich viel verzögert, aber steht nun endlich; jetzt geht es ums Umsetzen. Welche Meilensteine sehen Sie auf dem Weg zur Umsetzung des Radverkehrsplans?
Urban Aykal: Es ist richtig, dass auf politischer Ebene ambitionierte Ziele gesetzt werden…

Im Fall des Radverkehrsplans sind es nicht nur Ziele, sondern es ist eine Rechtsverordnung.
Dazu komme ich. Und es sind Ziele, die im Abgeordnetenhaus gesetzlich verankert werden. Wir auf Bezirksebene sind auch dazu verpflichtet, dies umzusetzen. Aber die Frage ist: Wie? Wir müssen uns damit beschäftigen, wie wir das schaffen können. Und nicht, wie es manche tun, sagen: ‚Ja, das steht jetzt auf dem Papier, warum macht ihr das nicht?‘ Wir müssen berlinweit hunderte Kilometer Vorrangnetz bauen und über tausend im Nebenroutennetz. Pro Bezirk sind das etwa 200 km im Vorrang- und Nebennetz, was wir in den kommenden Jahren auf die Straße setzen müssen. Ich will gucken, wo man möglichst unkompliziert was auf die Straße setzen kann.

Was sind Ihre Pläne als Verkehrsstadtrat für die Umsetzung des Radverkehrsplans in dieser Legislaturperiode?
Mein Plan hat eine einfache Methode: Machen, da wo es relativ schnell geht und Dranbleiben, wenn es etwas komplizierter wird. Daher war ich erstmal darauf konzentriert, das bereits Angeordnete auf die Straße zu bringen. Ich will, dass bereits in dieser Wahlperiode unser Bezirk mit den Nachbar-bezirken radinfrastrukturell sehr gut verbunden ist und im Bezirk insbesondere ältere Menschen sowie Kinder sicher Radfahren können. Ich denke, wir müssen ein paar Herausforderungen bewältigen, wie z. B. ausreichend Verkehrsplaner:innen oder auch Markierungsfirmen finden. Aber mein Ziel ist schon, dass wir spätestens ab 2023 ber­lin­­weit nicht ganz hinten anstehen, son­dern wir hier in Steglitz-Zehlendorf ganz vorne mitmischen, was die Ver­kehrs­wende angeht. Und ich denke, dass wir das auch schaffen kön­nen.

Laut Radverkehrs­plan sollen bis 2027, laut Koalitionsvertrag bis 2026 die 865 km Rad-Vor­rangnetz gebaut wer­den. Durch zwölf Bezirke geteilt ergibt das jeweils ca. 70 km insgesamt, also etwa 12-14 km pro Jahr. 2021 hat Steglitz-Zeh­len­dorf laut Tagesspiegel nur 2,6 km gebaut. Wie wollen Sie erreichen, dass das schneller geht?
Das ist die Herausforderung, die wir in den kommenden Jahren, auch über 2027 hinaus bewältigen müssen. Mit jedem Jahr wächst der Druck, vor allem, wenn wir nicht genug auf die Straße bringen.  Ob wir pro Jahr 12 bis 14 km im Vorrangnetz umsetzen können, hängt von vielen Faktoren ab.  Wichtig für mich ist, unabhängig vom Vorrang- und Nebenroutennetz, so viele Fahrradwege wie nur möglich zu schaffen. Um das zu er-möglichen, müssen wir unsere Kräfte bündeln. Daher sind die Projekteinheit mit der Senatsverwaltung und infraVelo sowie auch die engere Zusammenarbeit mit Akteuren wie z.B. mit der FU Berlin sehr wichtig. Das A und O ist natürlich, dass wir ausreichend Planer:innen haben und wenn etwas geplant und angeordnet ist, Markierungsfirmen, die aufgrund von Aus-lastung nicht viele Monate nach Auftrag arbeiten, sondern sehr schnell die Markierungsarbeiten erledigen.

Bis 2025 sollen laut Radverkehrsplan mindestens 100.000 zusätzliche Abstellplätze für Fahrräder in Berlin entstehen. Das macht etwa 2000 pro Jahr in Steglitz-Zehlendorf. Um die großen Fahrradparkhäuser kümmert sich die infraVelo, die Fahrrad-parkplätze in den Kiezen fallen hingegen in Ihren Verantwor-tungsbereich. Wie steht Steglitz-Zehlendorf dabei da?
Selbstverständlich sind wir bemüht, genug Fahrradstellplätze zur Verfügung zu stellen. Ich freue mich, dass wir vor ein oder zwei Wochen am Steglitzer Damm zwischen Bismarckstraße und Munsterdamm rund 50 Fahrradstellplätze gebaut haben und bald noch zusätzlich mehrere Lastenradstellplätze zur Verfügung stellen werden. Hier standen vorher Autos und Transporter auf dem Gehweg, sodass dieser dramatisch eingeengt war. Nun können hier Fahrräder angeschlossen werden und Menschen in Ruhe auf ihrem Gehweg laufen. Wir werden künftig nicht drum herumkommen, dass Radstellplätze auf den vorher nur für Kfz bereit­gestellten Stellflächen installiert werden, so­dass der Fußverkehr auch bedarfsgerecht gestaltet werden kann.

In den Wahlprüf­steinen des ADFC zur BVV-Wahl 2021 schrie­­ben Bündnis 90/Die Grünen, sie woll­ten die Abschleppaktivitäten des Ord­nungs­amtes von Falsch­­parkenden auf Radwegen „verstär­ken“. Was genau sind Ihre Pläne?
Bereits im ersten Mo­­nat meiner Amts­zeit habe ich mit der konzertierten Aktion des Ordnungsamtes gegen Falschparker:innen in der Schloßstraße einen Akzent dahingehend gesetzt, dass wir in dieser Wahlperiode dagegen aktiv vorgehen werden. Ich freue mich, dass das Ordnungsamt und hier insbesondere der Verkehrsüberwachungsdienst an dieser Stelle sehr konsequent agiert und parallel viele Gespräche mit Bürger:innen führt. Umso wichtiger ist, dass der Innensenat den Verkehrsüberwachungsdienst weiterhin stützt. Denn entscheidend ist, nicht nur etwas umzusetzen, sondern das, was umgesetzt wird, auch durchzusetzen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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