20.11.2023: VisionZero-Demo und Geisterrad-Mahnwache in Lichtenberg
Am 10. November verstarb ein 55-jähriger Radfahrer an seinen Verletzungen im Krankenhaus. Er war am 21.07.2023 von einem abbiegenden Lkw-Fahrer überrollt worden. Zur VisionZero-Demo und Mahnwache kamen 100 Menschen, die seiner gedachten.
Am 21.07.2023 befährt ein 55-jähriger Radfahrer gegen 15 Uhr die Frankfurter Allee in Richtung Alt-Friedrichsfelde. Als ein Lkw-Fahrer an der Einmündung nach rechts in die Buchberger Straße abbiegen will, überrollt er die Beine des Fahrradfahrers. Mehr als drei Monate später verstirbt der Mann am 10.11.2023 in einem Krankenhaus in Friedrichshain-Kreuzberg. Diese Informationen sind in der Polizeimeldung zu finden. Unsere Gedanken und unsere Trauer sind bei ihm und seinen Angehörigen.
Auf der Mahnwache sprach unter anderem Stefan. Er arbeitet als Notfallsanitäter, engagiert sich ehrenamtlich beim #Vision-Zero-Team vom ADFC Berlin, hilft bei der Aufstellung von Geisterrädern. Er war am 21. Juli im Dienst und wurde zufällig Zeuge, wie der rechtsabbiegende LKW-Fahrer den 55-jährigen Radfahrer überrollte. Bei der Mahnwache am 20. November hielt er diese Rede:
Wenn wir zu Einsätzen - ähnlich wie diesen - gerufen werden, haben wir auf der Anfahrt Zeit uns Gedanken zu machen: Welche Art von Verletzungen könnten wir vortreffen, welche Medikation, welche Instrumente brauchen wir. Man hat die Möglichkeit zusammen mit dem kleinen Team sich darauf vorzubereiten, was auf einen zukommt.
Schlimm ist es, wenn man sich nicht vorbereiten kann.
Am besagten Tag des Unglücks war ich im Notarzteinsatzfahrzeug mit einer Leerfahrt auf dem Weg ins Unfallkrankenhaus. Der Rettungswagen vor uns, wir im Notarztwagen waren weiter hinten. Wir standen hinter dem LKW. Ich habe den betroffenen Radfahrer an der Ampel anfahren sehen. Ich habe den LKW gesehen. Der LKW-Fahrer, 35 Jahre alt, ist einfach nur rumgefahren. Er hatte alle Möglichkeiten gehabt, den Radfahrer zu sehen. Der LKW hatte den Radfahrer mit den Vorderreifen über beide Beine erwischt. Die Verletzungen waren schwer.
In dem Moment musste ich funktionieren und den Schockzustand vergessen, ich konnte nur mein Bestmöglichstes tun. Als in den letzten Tagen die Meldung kam, dass der Radfahrer nicht überlebt hatte, sagten Kollegen zu mir: 'Stefan, wir retten viele Leben, aber wir retten nicht alle.'
Das ist einfacher gesagt, als wenn man wie ich vor Ort ist und den Unfall auch noch gesehen hat.
Ich kann nur appellieren, Frau Schreiner, Herr Wissing: Es geht den Angehörigen, Freunden und Kollegen schlecht, denen ich hier mein tiefstes Mitgefühl ausdrücke. Im Nachhinein geht es auch den Zeugen nicht gut. Diese Abbiegeunfälle sind kein Einzelfall in Berlin. Das muss aufhören.
Da der ursächliche Unfall bereits mehr als einen Monat zurückliegt, zählt dieser Radfahrer in der Unfallstatistik nach StVUnfStatG nicht zu den Verkehrstoten. Der ADFC Berlin und Changing Cities gedenken des Opfers unabhängig davon mit einer #VisionZero-Fahrraddemonstration und einer Mahnwache.
20. November 2023 (Montag)
16:45 Uhr
Start der #VisionZero-Demo
ADFC-Velokiez, Möckernstraße 47, Kreuzberg
#VisionZero-Demo zum Unfallort nach Lichtenberg
17:30 Uhr
Gedenken und Geisterrad-Aufstellung
am Unfallort Frankfurter Allee Ecke Buchberger Str.
Koordinaten 52.511807, 13.491686
Anschließend: Fortsetzung der #VisionZero-Demo zum BMDV,
Abschlusskundgebung am Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Invalidenstraße 44, 10115 Berlin
Die #VisionZero-Fahrraddemonstration und die Kundgebung sind als Versammlungen angezeigt und werden von der Polizei geschützt.
Mit der Demonstration setzt sich der ADFC Berlin für die Einhaltung des Berliner Mobilitätsgesetzes ein: Darin ist das Ziel der Vision Zero, das Ziel von null Verkehrstoten und null Schwerverletzten, verankert. Dafür fordern wir fehlerverzeihende Infrastruktur und fehlerverzeihende Technik. Pkw und Lkw müssen verpflichtend mit Abbiegeassistenten mit automatischem Not-Stopp ausgestattet werden, um tödliche Kollisionen zu verhindern und Menschenleben zu retten.
Bei dem Radfahrer handelt es sich um den 13. tödlich verletzten Radfahrenden in diesem Jahr.