Demo Schild für die Kidical Mass auf dem steht Sichere Radwege für Gross und Klein

"Sichere Radwege für Gross und Klein" © ADFC / Dirk Deckbar

CDU und SPD torpedieren das Mobilitätsgesetz in Berlin

Der Koalitionsvertrag gefährdet die Verkehrswende in Berlin. Das "bessere Miteinander" ist tatsächlich eine Abkehr vom Vorrang des Fuß, Rad- und öffentlichen Verkehrs, den das Mobilitätsgesetz fördert. Soll das Auto jetzt wieder priorisiert werden?

Die SPD, die 2018 das Gesetz mit verabschiedet hat, vollzieht in der Verkehrspolitik eine Abkehr von der Mobilitätswende. Diese wird im Koalitionsvertrag mit keinem Wort erwähnt, stattdessen heißt es nun: Radspuren sollen „unter Beachtung örtlicher Gegebenheiten“ eingerichtet werden. Im Klartext bedeutet das: Radwege wird es nur dort geben, wo sie den Autoverkehr nicht einschränken. Die Koalition will die Mindestbreiten von Radwegen überprüfen, obwohl sie im Radverkehrsplan aus guten Gründen standardisiert wurden. Wo für den Kfz-Verkehr 3,50 Meter pro Spur bereitstehen, soll nicht mal 2,3 Meter Platz für den Radverkehr sein, wie Kai Wegner (CDU) behauptet – und das nennt sich dann gleichberechtigtes Miteinander? 

Mit Ampelschaltungen will die Koalition die „Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit für alle Verkehrsträger“ erhöhen – wie soll das gehen? Ampelschaltungen geben entweder dem Fuß- und/oder Radverkehr Vorrang oder dem motorisierten Individualverkehr. Alle gleichzeitig zu priorisieren ist faktisch nicht möglich. Vor allem nicht, wenn man Tempo 50 als Regelgeschwindigkeit beibehält.

Das Fahrzeug, dessen Name nicht genannt werden darf

Während im Wahlkampf noch offen für das Auto geworben wurde, werden die Wörter Auto oder Pkw im Koalitionsvertrag kein einziges Mal erwähnt. Stattdessen wird mit viel rhetorischer Energie ein nicht näher definiertes „Miteinander“ (15 Mal) heraufbeschworen. Wer zwischen den Zeilen liest, erkennt jedoch, dass CDU und SPD das Mobilitätsgesetz bis zur Unkenntlichkeit entschärfen wollen. Von einer Mobilitätswende ist Berlin meilenweit entfernt – und soll nun in die entgegengesetzte Richtung gehen. 

Was bringt es denn, Bike-Sharing in den Außenbezirken anzubieten, wenn keine vernünftigen Radwege vorhanden sind? Durchgangsverkehr soll in den Wohnvierteln vermindert, aber nicht unterbunden werden – wie?

„SPD und CDU interessieren sich schlicht nicht für den Radverkehr. Sie planen mit dem Koalitionsvertrag eine Demontage des Mobilitätsgesetzes. Dafür haben wir nicht den Volksentscheid Fahrrad initiiert und jahrelang mit Expertise und viel Energie für die Verkehrswende gearbeitet. Die zukünftige GroKo versucht, sich den schönen Schein des Wandels zu geben – inhaltlich legt sie die Axt an die Wurzel der Verkehrswende“, kommentiert Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

„Ein tatsächliches Miteinander im Verkehr kann es nur geben, wenn wir die bestehende ungerechte Verteilung der Flächen angehen und den ungeschützten Verkehrsteilnehmenden, also Radfahrer:innen und Fußgänger:innen, den nötigen Schutz bieten. Dafür muss das Mobilitätsgesetz durch die Aufstockung von Personal und Geld beschleunigt und nicht rückwärts gedreht werden“, kommentiert Solveig Selzer, politische Referentin des ADFC Berlin.

Mit keinem Wort wird das Radnetz erwähnt: Für die Koalition sind die bisherigen 113 km neue Radinfrastruktur offensichtlich ausreichend. Die restlichen 96 Prozent des 2.700 km umfassenden Radnetzes, das die SPD Ende 2021 mit beschlossen hat, sind für sie anscheinend entbehrlich. Wenn die Sanierung Priorität vor neuen Radwegen hat, bleiben die Lücken in der Radinfrastruktur erhalten, und den Menschen wird das Radfahren weiterhin erschwert. Stattdessen schlägt die Koalition den Bau von U-Bahnen vor – Investitionen, die frühestens in 15 bis 20 Jahren Wirkung zeigen werden – das ausgestoßene CO2 ist aber erst (nach konservativer Rechnung) in ca. 100 bis 120 Jahren amortisiert! Währenddessen soll die Tangentialverbindung Ost (TVO) zügig gebaut werden. Außerdem zeigt die Koalition in spe durch die Nicht-Erwähnung des 17. Bauabschnitts der A100, dass sie mit der Entscheidungsgewalt des Bundes ganz zufrieden ist. Wiederholt werden im Koalitionsvertrag Prioritäten gesetzt, die einer nachhaltigen Verkehrswende entgegenstehen.

Changing Cities lädt zu einer Fahrrad-Demonstration gegen die Demontage des Mobilitätsgesetzes am Samstag den 8. April, um 14 Uhr. Startpunkt ist der Potsdamer Platz. Die Route führt zu den wenigen Radinfrastruktur-Vorzeigeobjekten in Berlin und durch viele gefährliche Straßen, die aber laut Radverkehrsplan sichere Radwege bekommen. Die Veranstaltung ist polizeilich angemeldet.

Zum Forderungskatalog des ADFC Berlin.

Zum Offenen Brief an SPD und CDU.


https://berlin.adfc.de/artikel/cdu-und-spd-torpedieren-das-mobilitaetsgesetz-in-berlin

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer*in achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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